“Ein Popstar werde ich nie” Interview der Zeit mit Lisa Marie Presley – Teil 2

“Glauben Sie es oder nicht, aber in Graceland war immer viel los”

ZEIT: Haben Sie als Kind vor dem Spiegel als Popstar posiert?

Presley: Selbstverständlich! Ich war drei, sang in eine Haarbürste und bekam einen Schreck, als ich eines Tages meinen Vater entdeckte, der mich durch einen Türspalt beobachtete. Ich trällerte eines seiner Lieder, und er amüsierte sich königlich. Es war sehr peinlich.

ZEIT: Gab es einen Plan B zu Ihrer Musikerkarriere?

Presley: Ich habe immer gern geschrieben. In der Schule habe ich begeistert Gedichte verfasst, später Kurzgeschichten. Da liegt einiges rum. Aber warum sollte ich das veröffentlichen?

ZEIT: Waren Sie einsam, als Sie, abgeschirmt von der Welt, in Graceland, dem Anwesen Ihres Vaters in Memphis, aufwuchsen?

Presley: Ich bin ja nicht nur in Graceland groß geworden. Meine Eltern trennten sich, als ich vier war. Aber dass ich in Graceland mutterseelenallein war – das ist ein Mythos. Glauben Sie es oder nicht, aber in Graceland war immer viel los. Da lebte ja nicht nur mein Vater, sondern dort lebten viele Menschen, die für ihn arbeiteten, und einige davon hatten Kinder in meinem Alter. Mit denen spielte ich ganz normal. So wie andere Kinder auch.

ZEIT: Stimmt es, dass Sie als Teenager mit einem Interrail-Ticket durch Europa gereist sind?

Presley: Zwei Sommer lang sogar, jeweils einen Monat. Am meisten Zeit verbrachte ich in Spanien, wo ich tagsüber bei Familien arbeitete und auf die Kinder aufpasste. Auch von Frankreich habe ich viel gesehen, ich war in Dänemark und habe mir ausgiebig Amsterdam angeschaut. Nur ich und eine Freundin. Und wissen Sie, was? Ich bin da kein einziges Mal erkannt worden. Das war Freiheit.

ZEIT: Hat Ihr Vater Ihnen eigentlich jemals seinen Job erklärt?

Presley:(lacht mitleidig) Nein. Das war nicht nötig. Dass er etwas Besonderes war, das bekam ich auch so früh genug mit.

ZEIT: Wie alt waren Sie, als Ihnen dämmerte, dass Ihr Vater von vielen Menschen sehr verehrt wird?

Presley: Ich glaube vier, vielleicht fünf. Damals durfte ich ihn zum ersten Mal zu Konzerten begleiten. Vor der Show war ich immer hinter der Bühne bei ihm, und wenn es dann losging, schaute ich mit all den anderen Menschen im Publikum zu. Damals realisierte ich, was für eine eindrucksvolle Wirkung mein Vater auf seine Fans hat.

ZEIT: Haben Sie die hysterischen Fans erreckt?

Presley: Im Gegenteil. Ich bekam von dem ganzen Rummel einen Kick. Mir machte das alles so großen Spaß, dass ich meinen Vater später auf seinen Tourneen durch die USA begleitete. Jeden Abend war ich stolz, dass er mein Vater ist.

ZEIT: Hat Ihr Vater Ihre musikalische Erziehung gefördert?

Presley: Auf seinen Wunsch hin hatte ich sehr früh Klavierunterricht und Gesangsstunden. Wenn er unterwegs war, rief er nach jeder Klavierstunde an und ließ sich am Telefon vorspielen, was ich gelernt hatte. Wenn ich Beethovens Für Elise für ihn klimperte, dann war er glücklich.